Mittwoch, 21. Mai 2014

Kantönligeist

Hui, ganz schön staubig hier. Hat wohl lange niemand etwas geschrieben... es ist also Mal wieder Zeit, sich zu äussern!

"Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern!"
So lautet der Rütlischwur, der unserem Land des ehemaligen Bankgeheimnisses und des vielen Käses den allertiefsten Grundsatz bilden soll.

Tolle Idee, doch was ist aus der Umsetzung geworden?
26 verschiedene Steuerregelungen, 26 verschiedene Steuererklärungen, 26 Kantone, die selber Gesetze erlassen können. So ist vieles an einem Ort verboten, was drei Kilometer weiter nördlich, südlich, östlich oder westlich davon absolut legal ist.

Ein paar Beispiele.
- In Martigny im Kanton Wallis ist es verboten, mit Fahrrädern Hügel hinunter zu fahren.
- Wer im Kanton Appenzell Innerrhoden ohne Bekleidung wandert, riskiert 130.- Schweizer Franken Busse.
- Wer im Kanton Zürich einen Fisch über der Mindestlänge zurück in einen See wirft, kann rechtlich belangt werden.
- Im Kanton Appenzell Innerrhoden darf auch noch sehr Rudimentär abgestimmt werden: "Als Stimmrechtsausweis gilt die Stimmkarte, für Männer auch das Seitengewehr." - Art. 8 der Verordnung über die Landsgemeinde und die Gemeindeversammlungen des Kantons Appenzell Innerrhoden

Wichtigere Gesetze werden dann aber doch auf Bundesebene geregelt.

- Es ist beispielsweise Schweizweit verboten, eine Autotür laut zuzuknallen
- Es ist grundsätzlich untersagt, Sonntags Wäsche aufzuhängen. Auch Autowaschen ist am Sonntag untersagt.
- an hohen Feiertagen, wie Weihnachten, Ostern, usw. herrscht Tanzverbot. Ein weiteres Tanzverbot, das an den jeweiligen Vorabenden galt, wurde dafür aufgehoben.

Warum ich das hier so breitschlage?
Im Februar habe ich mit einem Freund aus der Flugschule begonnen, eine Diplomarbeit zu schreiben. Was denn das bringen mag, fragt sich bestimmt der eine oder andere? Nun gut, man kann sich nachher "Dipl. Pilot HF" nennen, aber da sind die Vorteile auch schon zu Ende. Warum ich das ganze gemacht habe? Kann nicht schaden, und ich habe ja Zeit, haben wir uns gedacht...

Nicht schlecht staunten wir, als wir Anfangs April benachrichtigt wurden, dass unser Lehrgang nun von den Kantonen der Schweiz subventioniert wird, wenn wir eine Diplomarbeit schreiben. Die Kantone liessen sich nicht lumpen, und so wurde uns (und allen anderen zukünftigen Diplomanden) eine Summe angeboten, die etwa zwei Monatslöhnen eines Jungcopiloten entspricht.

Freude herrschte, Bierkrüge wurden angehoben und aus feierlichem Anlass entleert.

Letzte Woche, als dann unsere Diplomarbeit druckfrisch auf meinem Schreibtisch lag, traf die ernüchternde Nachricht ein: Mein Heimatkanton, in dem ich zu Ausbildungsbeginn gewohnt habe, hat beschlossen, spezifisch unseren Ausbildungsgang nicht zu subventionieren (zusammen mit fünf anderen Kantonen). So kommt es nun, dass von zwei Autoren einer Diplomarbeit einer für die Arbeit in hohem Masse entlöhnt wird, der andere (ich), nicht einmal die Materialkosten gedeckt bekommt.

Lieber Kanton Bern, liebe kantonale Erziehungsdirektion, was soll das? Unser Lehrgang ist mit Abstand einer der teuersten, den man in der Schweiz absolvieren kann, wir frischen Schulabgänger sind alle über fünf bis sechs Jahre verschuldet. Kein Wunder herrscht bei uns Nachwuchsmangel...

Es ist ja nicht so, als hätte ich die Arbeit des Geldes wegen geschrieben, dennoch ist es ziemlich frustrierend zu sehen, wie andere für die selbe Arbeit entlöhnt werden, während ich als Mitverfasser nichts erhalte. Es geht doch nichts über den Schweizer Kantönligeist!